Mythos Rum 

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Worum geht's?

Der geneigte Leser wird sich vielleicht die Frage stellen, was jemanden eigentlich dazu bewegen konnte, in einer Zeit der Überflutung von schwerverkäuflichen Spirituosenbüchern auf dem deutschen Büchermarkt, ein weiteres Buch jenes Genres in Umlauf bringen zu wollen?

Zunächst einmal war vordergründig die Tatsache, dass nach wie vor Aufklärungsbedarf bei der Spirituose Rum besteht. Schließlich gibt es bei den über 1500 erhältlichen Rumsorten derlei geschmackliche Unterschiede, dass ein Pauschalurteil über die Gattung Rum gar nicht möglich ist. So konnte ich am Strand einer karibischen Insel folgende Szene beobachten: philippinische Matrosen eines Kreuzfahrtschiffes vergnügten sich an jenem Strand und leerten dabei eine Flasche Alkohol. Nicht weit davon entfernt saß ein älterer Einheimischer im Schatten eines Baumes und musterte die Gruppe. Diese bemerkten ihn und boten ihm einen Schluck aus der Flasche an. Er nahm dankend an und ich war gespannt auf seine Reaktion. Nachdem er die Flasche wieder absetzte, fragte er erstaunt „Oh, what is it? Rum...? Whisky...?“ Es war Brandy. Es gibt in den Kopfnoten der Spirituose Rum also durchaus Überschneidungen mit anderen Alkoholen wie Cognac, Whisky oder Brandy. „Hieraus erklärt sich, daß der Name Rum wohl fast jedermann geläufig ist, daß so mancher aber auch ganz erstaunt ist zu hören, daß echter Rum ganz anders rieche und schmecke, als jenes Getränk, welches er bisher unter diesem Namen kannte “ Diesen Satz formulierte A. Gaber bereits 1923 in seiner dritten Auflage des Buches „Die Fabrikation von Rum, Arrak, Kognak“. Nach meinem Verständnis hat dieser Satz bis heute seine Gültigkeit behalten. So war es mein Ziel, dem Interessierten den Rum auch als historisches Gut näher zu bringen. Denn es ist sicher, dass es keine zweite Spirituose gibt, die so entscheidenden Einfluss auf die Kultur-Geschichte der Menschheit seit Beginn des 17. Jahrhundert hatte. Kolonisation und Seefahrt, Volksaufstände und Meutereien, Aufstieg und Fall von Familien-Dynastien und Einzelschicksale, an allem war Rum unmittelbar beteiligt. Daher ist ein weiteres Anliegen meines Buches im Kniefall vor den heute noch existierenden Rum-Produzenten zu sehen, deren Chroniken teilweise die historischen Entwicklungsstufen des jeweiligen Landes begleiteten.

Rum ist der Menschheit als berauschendes Getränk seit mindestens 400 Jahren bekannt. Auch der Name Rum für dieses Getränk existiert nachweislich seit 350 Jahren. Daher ist es um so erstaunlicher, dass ich zu Beginn meiner Recherche auf kein deutsch- oder englischsprachiges Buch stieß, das die komplexe Geschichte und die Vielzahl der Destillerien umfassend beschrieb. Viele Mythen ranken sich um dieses Getränk. Es beginnt mit der Mär vom Seelentröster für Seefahrer und endet bei dem Sklaven, der in einen Fermentationstank fiel und den man dort bis zur Skelettierung liegen ließ, weil man glaubte, hierdurch einen besseren Rum zu erhalten. Nicht immer sind alle Geschichten wahr. Aber niemand kann leugnen, dass man Rum sofort mit Seefahrt, Sklaverei und Karibik assoziiert. Auch die karibischen Einwohner trugen zu seiner Mythologisierung bei: „Vieles bereitet Kopfschmerzen, aber Schuld hat immer der Rum!“ lautet beispielsweise ein kreolisches Sprichwort. Aber selbst die Reduzierung des Rums auf den karibischen Raum wäre falsch. Rum wird überall dort gebrannt, wo Zuckerrohr hergestellt wird. So findet man dieses geistige Getränk zwischen den Wendekreisen rund um den Globus. In Afrika, Indien, Australien, Nord- und Südamerika, auf den Philippinen, auf pazifischen Inseln und in Europa hinterließ der Rum seine Spuren in der landesbezogenen Historie.   

Bei weiterreichender Recherche erkannte ich, dass Rum auch nicht ein „hott, hellish and ter-rible liquor“ sei, mit dem er noch im 17. Jahrhundert von einem unbekannten Barbados-Besucher beschrieben wurde. Die Noten reichen vom scharfen, ungereiften Rum über warme Holztöne, süßen Zuckerrohrgeschmack bis zu milden Karamell- und Vanilletönen. Trotz dieser Vielschichtigkeit findet jede Geschmacksrichtung ihre Liebhaber. Ebenso verhält es sich bei den Alkoholgehalten: geistige Getränke mit dem Namen Rum kann man zwischen 24%vol. und 87%vol. finden. Gerade die hochprozentigen Alkohole genießen in ihren Herstellungsländern Kultstatus. Daher war es auch nicht mein Ziel, mit diesem Buch eine Bewertung der Rumsorten vorzunehmen. Denn manchmal reicht es bereits aus, wenn man weiß, welche geschichtliche Entwicklung ein Rum hinter sich gelassen hat, um dieser Spirituose eine andere Form des Respekts zukommen zu lassen: als historisches Erbe.

 weitere Leseproben:

  Kleine Geschichte des Rums                      Wussten Sie, dass...